Gutachtensammlung zum Berliner Flughafen
Ein Gutachter oder Sachverständiger für Baumängel aus Berlin, der in den letzten Monaten keinen Fuß auf die Dauerbaustelle des Großflughafens gesetzt hat, dürfte inzwischen schwer zu finden sein. Zu lang ist die Liste der Baumängel. Angefangen vom mangelhaften Brandschutz, welchen ein Gutachter und Sachverständiger der Firma hhp Berlin im Oktober letzten Jahres bemängelte. Kritisch wurde vor allem die Überbelegung von Kabelschächten gesehen. Aber auch bei der Entrauchungstechnik seien die der Genehmigungsbehörde vorgelegten Pläne nicht eingehalten worden. Ein unabhängiger Sachverständiger, der zur Durchsicht der Pläne und Begehung der Baustelle im Vorhinein bestellt worden wäre, hätte hier Millionen an Kosten einsparen können.
Der neue Berliner Flughafen ist schon jetzt zu klein
Im Januar 2013 wurden die ohnehin in Aufruhr befindlichen Gremien, welche mit dem Flughafenbau betraut sind, erneut kalt erwischt. Gutachter der Industrie- und Handelskammer Berlin (IHK) hatten festgestellt, dass der Flughafen einer grundlegenden Überprüfung der Pläne bedürfe. Denn das bereits fertig gestellte Terminal sei zu klein für die zu erwartende Zahl an Passagieren. Da aufgrund der Baumängel ohnehin weitere Bauarbeiten anstünden, sei in diesem Zuge auch an eine Erweiterung des Terminals zu denken. Weiterhin ging es für die Gutachter darum, weitere Satellitenterminals unmittelbar am Rollfeld zu errichten und diese mittels Verbindungstunneln mit dem Hauptterminal zu verknüpfen. Der zu diesem Zeitpunkt noch für den Flughafenbau zentral verantwortliche Berliner Oberbürgermeister Klaus Wowereit äußerte hierzu, dass es zunächst darum gehen würde, auf dem Flughafen überhaupt mit dem Flugverkehr zu beginnen. Es verwundert, dass kein Sachverständiger sich mit der voraussichtlichen Auslastung der erstellten Gebäude befasst hat. Dies ist noch weniger nachvollziehbar als die vorhandenen Baumängel.
Bei den Gepäckbändern besteht Nachholbedarf
Doch nicht nur die Baumängel am Terminalgebäude und die zu geringen baulichen Dimensionen stellen ein Problem dar. Auch bei der Logistik der Gepäckanfertigung hat offenkundig kein Sachverständiger rechtzeitig in den Prozess eingegriffen. Denn die Gutachter der Firma Airport Research Center aus Aachen haben festgestellt, dass die Zahl der Gepäckbänder für die Stoßzeiten am neuen Flughafen nicht ausreichend ist. Nach Aussage der Gutachter stehen keinerlei Systemreserven zur Abfederung von Spitzenlasten zur Verfügung. Zum selben ernüchternden Ergebnis kamen bereits die Gutachter von FDC Airport Consulting. Sie kritisierten darüber hinaus, dass statt der bisher eingerichteten 118 Abfertigungsschalter 224 benötigt werden würden. Bei den Gepäckbändern müsse die Zahl von acht auf mindestens 20 gesteigert werden, um über ausreichend Kapazitäten für die Abfertigung des Gepäcks zu verfügen.
Rechtzeitige Vorsorge verhindert viele Baumängel
Die Baumängel am Berliner Flughafen und die Fehler bei der Planung zeigen, dass ein Sachverständiger oder Gutachter nicht früh genug eingeschaltet werden kann. Denn je größer das Projekt ist, desto wahrscheinlich wird es, dass früher oder später ohnehin ein Sachverständiger zur Klärung von Haftungsfragen beauftragt sind. Denn Baumängel sind aufgrund der Komplexität solcher Baustellen faktisch nicht zu vermeiden. Natürlich ist in diesem Fall Sachverständiger nicht gleich Sachverständiger. Deshalb geht es gerade bei Großprojekten darum, sich rechtzeitig um die Mitarbeit möglichst hochqualifizierter Gutachter zu bemühen. Nachdem derzeit scheinbar Baumängel durch Baumängel überlagert werden, wird in Berlin noch mancher Gutachter und Sachverständiger bemüht werden müssen.